In der Lernstunde über die Polka und das spezielle Polka-Spielen ging unser Dirigent, Johannes Kurz, dann auf die Charakteristiken der 5 Polka Arten ein:
Die Polka française oder Polka Franze wird in einem gemäßigten Tempo gespielt. Sie soll vermutlich 1855 in Wien das erste Mal öffentlich getanzt worden sein. Aufgrund der hüpfenden Bewegungen wird die Polka gerne auch Zeppelpolka oder Hüpfelpolka benannt.
Schon etwas schneller kommen die Böhmische und Egerländer Polka daher. Die Böhmische Polka oder Südböhmische Polka ist logischerweise in Böhmen entstanden und kommt der Urform der Polka um 1830 am nahesten. Sie ist die heute von Blasmusikkapellen am häufigsten gespielte Variante der Polka.
Die Böhmische Polka spiegelt die Mentalität der Böhmen wider, die mit Gemütlichkeit, Bodenständigkeit und Besinnlichkeit charakterisiert werden. Logisch, dass solch eine Polka in einem gemütlichen Polka Tempo angegangen wird. Ursprünglich in kleinen Tanzmusikbesetzungen oder Familienmusiken unter Einsatz verschiedener Instrumente – darunter Geige, Zither oder Dudelsack – gespielt, fand sie immer mehr Freunde in der Blasmusik und klang so noch viel voller und mächtiger. Der Böhmischen Polka ist ein weicher Klang eigen, der vor allem durch die melodieführenden Flügelhörner erzeugt wird – aber auch alle anderen Musiker müssen mit Herz und Seele dabei sein, sonst wird’s nichts. Denn eine Böhmische Polka ist zudem sehr rhythmisch und artikuliert zu spielen. Da die Melodie dieser Polka Art sich einschmeichelnd und einfühlsam anhört, scheint es, dass sie leicht zu spielen sei. Von wegen! Die den Nachschlag spielenden Instrumente – meist Posaune und Horn – sorgen vor allem durch eine besondere Interpretation des Nachschlags für Gemütlichkeit. Denn wenn die Noten so exakt gespielt würden, wie sie auf dem Notenblatt geschrieben sind, würde die Böhmische Polka langweilig klingen. Erst durch den ein klein wenig verzögert gespielten Nachschlag kommt die „legere“ Gemütlichkeit, das Charakteristikum dieser Polka, rüber. Bei den Bassisten hingegen heißt es: „aufgepasst!“ Sie müssen unbeeindruckt vom verzögerten Nachschlag im glasklaren Polkatempo bleiben, sonst „swingt“ die Böhmische Polka nicht mehr und „der Haufen“ fällt auseinander. Das ist es eben: verzögert gespielte Auftakte, Tempoverzögerungen und diese Unwucht zwischen Vor- und Nachschlag in jedem Takt einer Böhmischen Polka, die diese Polkas gemütlich wirken lassen. Viel Herz und ein böhmisches Gefühl braucht’s dazu, meinen die Kenner. Hören Sie sich die Polka Rosamunde, die Amsel Polka, die von uns gern gespielte Slavonicka Polka oder die Löffelpolka an, dann liegen Sie bei der Böhmischen Polka richtig.
Die Egerländer Polka ist eine im Egerland (Nordwestböhmen) entstandene Variante (in Corona-Deutsch: Mutante) der Böhmischen Polka. Für die Egerländer Polka wurde die kleine Blasmusikbesetzung mit ca. 15 Musiker bei der Böhmischen Polka um viele Musiker erweitert. Durch die Verdoppelung der melodieführenden Instrumente sowie dem Einsatz weiterer Instrumente entstand ein größerer Klangkörper und damit auch ein vollerer Orchesterklang.
Die Egerländer Dirigenten und Musiker interpretierten die Böhmische Polka auf ihre landsmännische Weise und Ernst Mosch, ein echter Egerländer, tat ein Übriges dazu, um mit seinen zahlreichen Eigenkompositionen der Egerländer Polka Weltberühmtheit zu verschaffen.
In der Egerländer Polka kommt die spezielle Mentalität der Egerländer Bevölkerung zum Ausdruck, nämlich Gemütlichkeit, manchmal gepaart mit ein wenig Wehmütigkeit oder Melancholie. Die Egerländer Polka ist im Gegensatz zur eher „kantigen“ und rhythmischen Böhmischen Polka weicher und gefühlvoller. Notentechnisch entsprechen die gespielten Noten den gedruckten Noten, werden also „gerade“ gespielt. Aber das wäre zu einfach. Ernst Mosch forderte stets von seinen Musikern, dass sie „mit dem Herzen“ die Noten spielen müssen, sonst wird nichts draus.
Ja, und das macht das Spielen dieser Polkas aus – wie gerne haben wir den Egerländer Musikanten nachgeeifert und ganz besonders, nachdem sie 1964 hier in Zell-Weierbach unter widrigen regnerischen Bedingungen ein voll besetztes Festzelt „aufheizten“. Auch spielte lange Jahre ein gebürtiger Egerländer, Rudi Fischer, in unseren Reihen mit. Mit seiner Liebe zur Egerländer Musik mit Ernst Mosch steckte er auch die Zell-Weierbacher Musiker in den 1960er und 70erJahren an.
Wer kennt sie nicht, die Egerländer Polkas, die auch wir immer gerne wiedergaben und wiedergeben: die Dompfaff Polka, Fuchsgraben Polka, Egerland – Heimatland, Gablonzer Perlen, Wir sind Kinder von der Eger oder Bis bald auf Wiedersehehen, um nur einige bekannte Egerländer Polkas zu nennen.
Ihr Musikverein Zell-Weierbach
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