Bei den bereits aufgeführten Polkas, der Egerländer, Böhmischen und Südböhmischen Polka wie auch bei der Mährische Polka fällt auf, dass die erwähnten Landstriche entlang den aktuellen deutschen und österreichischen Landesgrenzen liegen. Um eine Vorstellung zu bekommen, lassen Sie uns diese Landschaften verorten: So liegt das Egerland gegenüber der Oberpfalz – Städte sind Eger, Marienbad und Karlsbad. Böhmen grenzt an Niederbayern und wer kennt nicht die Städte Pilsen und Königgrätz. Südböhmen befindet sich gegenüber dem österreichischen Bezirk Oberdonau mit der bekannten Stadt Budweis. Danach schließt sich Mähren mit Brünn als bekannte Stadt an und ist gegenüber dem österreichischen Niederdonaubezirk liegend. Die Entfernung Eger – Pilsen – Budweis – Brünn sind etwa 450 Kilometer oder von Offenburg auf der Autobahn über Karlsruhe – München nach Rosenheim bzw. von hier nach Duisburg. Wie viele Landstriche durchfahren wir da und wie viele unterschiedliche Mentalitäten sind da aufzufinden! So ist es auch nicht verwunderlich, dass in diesem „Polka-Gebiet“ es ganz unterschiedliche musikalische Interpretationen der Polka gibt.

Kommen wir nun auf die Mährische Polka. Hier stoßen wir bei der mährischen Mentalität auf slawische Einflüsse, die temperamentvoller und lebensfreudiger sind. Da liegt es nicht fern, auch die Polkas in einem schnelleren Tempo (etwa 132 auf dem Metronom im Gegensatz zu 104 bei den anderen Polkas) zu spielen. Traditionell ist die Mährische Polka für kleine Besetzungen bis 10 Musiker geschrieben worden und jede Stimme war nur einfach besetzt. Gespielt wurde mit den Instrumenten, die gerade vorhanden waren.

Wurde ursprünglich die Trompete als Melodie führendes Instrument eingesetzt, verwendet man in letzter Zeit das Flügelhorn dazu. Dadurch verliert die Mährische Polka aber etwas von ihrem typischen Charakter. Dafür „dürfen“ die Trompeten den eher knackig kurzen Nachschlag intonieren – aber bitteschön „gerade“.

Die Melodiestimmen werden bei der Mährischen Polka generell hoch geschrieben und bei den Achtelnoten in der Melodie werden die zweiten Achtel eines Viertels ein wenig betont gespielt. Dadurch klingt die Mährische Polka weniger gemütlich als vielmehr freudig, heller, höher und härter als die Böhmische Polka. Interpretieren größere Musikkapellen die Mährische Polka, verliert sie dabei auch von ihrem ursprünglichen Charakter durch die Klangfülle, die ehemals nicht gewollt war. Typische Polkas aus Mähren sind die Sakvicka Polka oder die Polka 37, die wir unter Horst Schuster oft und gerne zur Unterhaltung aufgespielt haben.

Und dann kommt noch die Schnellpolka mit etwa 160er Tempo daher und hat sich aus dem Galopp (um 1800 entstandener ländlicher Rundtanz) entwickelt. Sie hat sich um das Jahr 1830 über Paris nach Deutschland und Österreich verbreitet. Häufig wird die Schnellpolka im 4/8-Takt anstatt dem typischen 2/4-Takt notiert. Schnellpolkas werden in Österreich auch gerne mit „Polka schnell“ tituliert.

Bekannt geworden sind diese Schnellpolkas vor allem durch die Söhne der Wiener Komponisten Johann Strauß (Vater) und Josef Strauß. Vor allem Johann Strauß (Sohn) fand großes Gefallen am Komponieren von Schnellpolkas wie z. B. die Schnellpolkas „Bahn frei“, „Leichtes Blut“, „Unter Donner und Blitz“, „Freikugeln“ und die „Tritsch-Tratsch-Polka“, die wir letztes Jahr beim Open-Air-Konzert auf dem alten Schulhof im Juli zum Besten gegeben haben.

Aber auch Slavko Arsenik hat mit seinen Oberkrainern mit dem „Trompeten-Echo“ eine volkstümliche Schnellpolka weltberühmt gemacht.

Ihr Musikverein Zell-Weierbach

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