Komponierte Musik auf dem Territorium des heutigen Vereinigten Königreiches lässt sich bis ins 13. Jhd. zurückverfolgen und übte einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung der europäischen klassischen Musik aus.

Das älteste bekannte Musikwerk ist „Sumer is icumen in“ (Der Sommer ist gekommen) aus der zweiten Hälfte des 13. Jhd. Dieses Musikwerk im wahrsten Sinne des Wortes, auch als „Sommer-Kanon“ bekannt, soll das älteste Manuskript sein in der europäischen Musikgeschichte als überliefertes Beispiel der mehrstimmigen Kompositionstechnik. Es wurde kurz vor 1300 zum ersten Mal schriftlich fixiert. Besonderes daran ist, dass die Notenlinien in roter Farbe gezogen sind. Außerdem besteht das Notenliniensystem aus 6 Linien anstelle der damals bereits üblichen fünf Notenlinien. Einen Reim daraus können sich die Wissenschaftler nicht machen, weil keine vergleichbaren Handschriften mehr vorhanden sind. Die Melodie ist mit lateinischem und englischem Text versehen und bezeugt die Verbindung der geistlichen Kunstmusik (in Latein) und der Volksmusik (in Englisch). Daraus entwickelte sich in den nächsten Jahrhunderten eine englische Tradition in der mehrstimmigen Musik.

Einer der bekanntesten Komponisten Englands aus jener Zeit war John Dunstable (~1395 – 1453), der am Hof des Königs Heinrich V. diente – auf einen Namensnachfolger dieses Königs stoßen wir auch in unserem Frühjahrskonzert am 7. Mai. Mit hauptsächlich kirchenmusikalischem Schaffen komponierte Dunstable 3- bis 4-stimmige Sätze und entwickelte dabei harmonische Neuerungen, die großen Einfluss auf die Musikentwicklung in der Frührenaissance ausübten. Die verschiedenen Komponisten jener Jahrhunderte entwickelten eine Vorliebe für wiederkehrende Tonfolgen und Charakteristiken im Verhältnis der Stimmen zueinander. Diese Kompositionstechnik wurde „Faburden“ genannt. Die Faburden (Unterstimme) im 3-stimmigen Satz lag i. d. R. in Terzen (3 Tönen) unter der Mittelstimme (Mene). Die Oberstimme (Treble) verlief beständig in Quartparalellen (4 Töne) über der Mittelstimme.

Diese Mehr- oder Vielstimmigkeit heißt in der Fachsprache der Musik „Poliphonie“ und leitet sich aus dem Griechischen her. Der Begriff wird 1300 erstmals so in England genannt. Daher wird in der Fachwelt bei der Poliphonie auch von der „englischen“ Musik gesprochen.

Durch die Besetzung weiter Teile Frankreichs durch englische Truppen zwischen 1415 und 1453, hat die englische Musik ein einziges Mal, doch umso entscheidender, in die Entwicklung der kontinentalen Kunstmusik eingegriffen. Englische Improvisationstechniken und englisches Komponieren stellten entscheidende Weichen für die musikalische Renaissance und übten starken Einfluss im besetzten Gebiet aus. Gleichzeitig verzeichnete die Musik eine einmalige „Invasion“ englischer Musik in die kontinentalen Kompositionen. Zwischen 1420 und 1460 ist die Entwicklung der englischen Musik in kontinentalen Quellen besser dokumentiert als im Land selbst, weil dort veraltetes Musikrepertoire einfach vernichtet oder als Verpackungsmaterial verwendet worden war.

Ein Grund, weshalb die englische Musik sich so intensiv entwickelt hat, besteht darin, dass bereits im späten 13. Jhd. sich die Einrichtung der „Chapel Royal“ (Königliche Kapellen) bildete. Dazu gehörten Geistliche, Musiker und Sänger, die für die Durchführung der religiösen Handlungen zuständig waren, bei königlichen Festakten auftraten und mit dem Monarchen im Gefolge mitreisten. Aus kleinen Anfängen entwickelte sich nach und nach ein bedeutender Chor mit Orchester am Hofe der englischen Könige.

Ihr Musikverein Zell-Weierbach

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