Dieses Konzertstück, das im 1. Teil unseres Frühjahrskonzerts am 6. Mai in der Abtsberghalle platziert ist, ist noch sehr jung, nämlich aus dem Jahre 2017, geschrieben von dem 1984 geborenen Mathias Wehr für den Komponistenwettbewerb 2017 der Philharmonischen Gesellschaft von Mantzaros in Korfu, Griechenland. Und Mathias Wehr hat den Wettbewerb mit dieser in Noten gemalten dramatischen englischen Geschichte gewonnen.

Um was handelt diese Geschichtsgeschichte? Es geht um das Schicksal von England im 9. Jahrhundert, um Alfred, dem jüngsten von fünf Söhnen des Westsachsenkönigs Ethelwulf (Königreich Wessex, das große Teile von Südengland umfasste). Alfred, geboren 848 oder 849 (sein Vater verstarb 858), wurde in jungen Jahren nach Rom gesandt, wo er der Angelsächsischen Chronik zufolge von Papst Leo IV. „zum König gesalbt wurde“. – richtigerweise aber zum Konsul ernannt wurde, was später in der englischen Geschichte als königliche Investitur (absichtlich oder nicht) missverstanden bzw. umgedeutet worden ist.  Nachdem Alfreds drei älteste Brüder ohne Nachkommen verstorben waren, stieg er gemäß Tradition zum Mitregenten auf.

In die Zeit nach 802 fällt auch die Zeit der ersten Wikingereinfälle in Schottland und England und sie werden immer mehr zur Bedrohung für die fünf angelsächsischen Königreiche. Politisch spitzte sich die Lage in England zu. Den dänischen Wikinger gelang es ab 865 innerhalb kurzer Zeit, eine große Zahl der angelsächsischen Königreiche zu erobern. Nur noch das Königreich Wessex war intakt. 871 konnte das Heer von Wessex einen ersten dänischen Angriff noch abwehren, aber in den beiden folgenden Schlachten siegte das heidnische Wikingerheer. Bei einer dieser Schlachten fiel Alfreds Bruder, König Aethelred. Obwohl dieser  zwei minderjährige Söhne hatte, bestieg, der Notzeit geschuldet, Alfred den Thron, denn die Wikingerangriffe gingen unvermindert weiter. Auch Alfred konnte ihnen keine Niederlage bereiten. Das Königreich Wessex stand immer näher am Abgrund. Über die anderen englischen Königreiche herrschten die Wikinger bereits. Auch Wessex war schließlich in den Händen der Eindringlinge – bis auf ein kleines Sumpfgebiet, so die Legende. Dort versteckte sich König Alfred von Wessex mit ein paar treuen Anhängern und sammelte neue Truppen. Uhtred, ein Krieger in Alfreds Armee, kannte die Stärke der Wikinger. Nichtsdestotrotz will Alfred einen letzten, entscheidenden Kampf führen. 878 war für Alfred diese Stunde da. Der fromme König setzt auf Gottes Hilfe, aber Uhtred mehr auf sein Kampfschwert. Doch in einer Sache sind sich die zwei ungleichen Verbündeten vollkommen einig: Wenn der letzte «Thron des Nordens» fällt, wäre diese Niederlage der Untergang von England.- Eine spannende, weite Bogen schlagende Geschichte!

Alfred und seine Getreuen konnten den Wikingern eine empfindliche Niederlage zufügen. Sein geschlagener Gegner, König Guthrum, ließ sich daraufhin taufen und zog sich in sein Königreich East Anglia zurück. Später wird Alfred als Alfred der Große in die Geschichtsbücher einziehen. – So weit die Geschichte des Konzertstücks „Throne of the North“.

Und wie ging es mit Alfred weiter? Bis 892 unterblieben weitere Wikingerangriffe auf das Königreich Wessex. Diese Zeit nutzte Alfred, um sein Land mit einer Reihe von Festungen (englisch „burh“) zu schützen; laut Geschichtsaufschreibung mindestens 30 Orte. Durch seine militärische Präsenz und eine geschickte Heiratspolitik dehnte Alfred seinen Einfluss weit in die anderen englischen Königreiche aus. 886 zog er in London ein und galt nunmehr als oberster König der englischen Königreiche. Er schuf durch sein Wirken die Grundlage für eine Vereinigung all jener Länder, die heute England ausmachen. Verwirklicht haben dies seine Nachfolger.

Das 8-minütige Konzertgemälde „Thron des Nordens“ beginnt gleich mit einer „heißen“ Schlacht (eine Seeschlacht?) gegen die Wikinger. Bei den vielen Kämpfen geht es hin und her – bis sich König Alfred zurückziehen muss. Geheimnisvoll, unheimlich und ganz wichtig: Ruhe bewahren, um neue Krieger zu finden, so geht es nach einer Generalpause wieder ins Spielen zurück. Die ins Ohr gehende Melodie wird von den F-Hörnern entworfen und geht in das Holzregister mit weichem, überzeugendem Klang über. Schließlich „veredelt“ durch die Querflöten, kehrt die Melodie zum Blechregister zurück, wo schließlich die Tuben einen Ruhe- oder Sammelpol  intonieren – die Ruhe vor der Schlacht. Alfreds Truppen ziehen los und suchen den Kampf; die Musik gewinnt ganz viel an Spannung. Unaufhörlich treiben die Klarinetten mit ihrem Staccato die Krieger zu Höchstleistungen und Kampfesmut gegen die Wikinger an. Schließlich deuten die F-Hörner Siegesgefühle lautstark an. Der Gegner entflieht und die Siegesfanfare (Trompete) verkündet den Erfolg über die Wikinger – sie haben Unglaubliches wahr gemacht!!

Diese langen, getragenen mit Energie beladenen harmonischen Melodienbögen, die den größten Teil des Werkes durchziehen, dürfen gerne auch anders interpretiert werden. Sie weisen auf das lebenslange Gottvertrauen des gottesfürchtigen Königs Alfred hin. Getragen von Gott vertraut er darauf, dass Böses, Bedrohliches sich zum Guten wenden und zum Glauben führen wird, wie es als Beispiel durch das Taufen des Wikingerkönig Guthrum aufgezeigt wurde – einfach gesagt, zu Ostern führt.

In diesem Sinne wünschen wir allen Mitgliedern und Ihnen liebe Zell-Weierbacherinnen und Zell-Weierbacher gesegnete Ostern.

Ihr Musikverein Zell-Weierbach

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