„Wenn der verliebte Verlobte Belmonte (Spanier) so an den Palast von Bassa Selim angeschlichen wäre, wie ihr laut spielt, dann hätte ihn die Palastwache bestimmt gleich entdeckt und die Befreiung „seiner“ Konstanze wäre zunichte gewesen. Ihr müsst leise beginnen, im piano eben“, stellte Johannes Kurz, unser Dirigent, mit trockenem Humor fest. Die Rede ist von der Ouvertüre „Die Entführung aus dem Serail“ von Wolfgang Amadeus Mozart, mit der die Musikkapelle Zell-Weierbach mit Johannes Kurz am Dirigentenpult das 49. Jahreskonzert am Samstag, den 21. April 2018 um 19.30 Uhr eröffnen wird.
Ja, leise anschleichen und gleich ducken, denn die Palastwache reckt den Kopf über die Mauer (Themenwiederholung des Anschleichens im forte) und das ein paar Mal hintereinander, wie es sich halt so zuträgt. Dann bekommt Belmonte seinen Diener Pedrillo zu Gesicht, der zusammen mit Konstanze (Spanierin) und ihrer Zofe Blonde (Engländerin) Seeräubern in die Hände gefallen war und alle drei von denen auf dem Sklavenmarkt an Bassa Selim verkauft worden waren. Gut auch im weiteren Verlauf zu wissen, dass Pedrillo in Blonde verliebt ist und das Bassa Selim dem alten Osmin Blonde aus Dankbarkeit geschenkt hat und auch bei Osmin Liebe für Blonde aufkeimt. Als erstes begegnet Belmonte dem gutmütig-groben Palastaufseher Osmin. Freudige Läufe zeigen Belmontes Hoffnung an, aber Osmin wehrt ab. Belmonte lässt nicht locker und frägt nach Pedrillo (wieder schnelle Läufe). Osmin gerät darüber in Wut, die sich ins Unmäßige steigert, als Pedrillo erscheint (forte). Danach gibt sich Belmonte gegenüber Pedrillo zu erkennen und erfährt, dass sowohl Bassa Selim um die Liebe von Konstanze wie auch Osmin um die von Blonde sehr intensiv werben – aber beide standhaft das Ansinnen abwehren. Mozart verwendet hierzu in etwa das abgewandelte Anfangsthema (Liebesthema), nur höher und mit liebevollen Verzierungen. Als Pedrillo von der Beständigkeit der Liebe von Konstanze und Blonde berichtet, sticht eine tiefe, eindringliche Melodie aus dem Orchester hervor. Die Geschichte geht in Gang, Intrigen und Fluchtpläne werden geschmiedet, doch die Flucht wird im letzten Augenblick von Osmin vereitelt und die vier werden festgesetzt. Die Todesstrafe droht allen, als Bassa Selim in Belmonte den Sohn seines Erzfeindes erkennt. Schließlich lässt er doch Gnade walten: Er sieht darin größere Befriedigung als in der Lust, Menschen das Leben zu nehmen. Osmin hätte anders entschieden. Mit dem Liebesthema ziehen Konstanze und Belmonte sowie Blonde und Pedrillo von dannen …
Genial, wie Mozart die ganze Geschichte der Entführung in so eine „kleine“ Ouvertüre „packt“ und in Kurzform den Verlauf auf den Punkt gebracht hat.
Mozart war gerade 25 als er das Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ schrieb und endlich selbstständig sein Leben in die Hand nehmen wollte. Wie es halt so bei „Wunderkindern“ wie auch bei „normalen“ Kindern ist, von Anfang an leiten und steuern Eltern die Kinder. Rechtzeitig loslassen können, ist da eine besondere Kunst. So ist es auch bei Mozarts. Der Vater wollte in guter Absicht immer noch Einfluss nehmen. Mozart geht nach Wien, bricht mit dem Angestellt-sein bei der Kirche und wird selbständiger Künstler – ein mühsamer Broterwerb.
Wolfgang Amadeus Mozart schloss sich in Wien einer Loge der Freimaurer an, die sich für die Ideen der Aufklärung – Humanität, Toleranz und Brüderlichkeit – einsetzten und vorantrieben. Mozart stand voll und ganz hinter diesen Idealen. Daher ist der außergewöhnliche Ausgang des Singspiels, „Die Entführung aus dem Serail“ ganz im Sinne seines Gedankengutes und auch so bewusst gewollt. 1782 war die Uraufführung im Burgtheater zu Wien – ein Riesenerfolg. Dieses Gedankengut aufzugreifen und umzusetzen wäre heutzutage notwendiger denn je, wenn man in die große und auch in die persönliche Welt jedes Einzelnen hineinschaut.
Die Musikerinnen und Musiker werden noch vielmals an dieser Ouvertüre feilen, um sie für Sie beim Frühjahrskonzert 2018 am 21. April klangvoll und ideenreich präsentieren zu können.